„Grab der Tänzerin“
Im Jahr 1934 wurde in Heßloch, im Gewann Kirchberg, ein römischer Steinsarkophag gefunden. Aufgrund der Beigaben gilt es als gesichert, dass es sich bei der Verstorbenen um eine junge Frau gehandelt haben muss. Gefunden wurden Ohrringe aus Golddraht, zwei Armringe und zwei Haarnadeln aus Gagat (fossiles Holz), drei zylindrische Glasflaschen und eine lange, dünne Glasröhre, deren Funktion ungeklärt ist.[1]
Ungewöhnlicher war der Fund von vier Schellenpaaren aus Bronze und von Holzfragmenten, an denen eine Bronzekette befestigt war. Die vier bronzenen Schellenpaare ließen sich als Bestandteile des Musikinstruments Tamburin rekonstruieren.[2]
Das Aussehen und die Funktion des Holzgerätes, zu dem die gefundenen Fragmente gehörten, sind umstritten. Es wurde ein größeres, gut erhaltenes Fragment gefunden und mehrere kleinere Fragmente, die nicht gut erhalten sind. Das größere Holzstück besteht aus jeweils zwei Stegen, die durch einen doppelten Knauf verbunden sind. Um die Verbindungsstelle der beiden Knäufe liegt ein Bronzering mit Kette. Rekonstruktionsversuche der kleineren Holzfragmente lassen die Vermutung zu, dass ein zweites, gleichartiges Holzstück vorhanden war. Durch die Bronzekette waren beide Holzstücke verbunden. Im Gegensatz zu dem noch gut erhaltenen Holzstück, besaß das zweite Holzstück wahrscheinlich keine Stege, sondern war massiv.[3]
Einen ähnlichen Fund wie in Heßloch gab es bereits einige Jahre früher in Kaiseraugst (Schweiz). Dort wurde ein Grab gefunden, dass nahezu die gleichen Beigaben wie das Grab in Heßloch enthielt. Im Gegensatz zum Fund in Heßloch, wo durch Erdbewegungen und eindringendes Wasser die Beigaben nicht mehr in ihrer ursprünglichen Anordnung vorgefunden wurden, waren die Beigaben in Kaiseraugst noch in situ. Aufgrund der Lage des Holzgerätes neben dem Kopf der Verstorbenen wurde die Theorie aufgestellt, dass es sich bei dem Holzgerät um einen Kopfschmuck gehandelt haben könnte. Da aber auch die Tamburinschellen in Kopfnähe gefunden wurden, muss die Lage einer Beigabe im Fundkontext nicht zwangsläufig etwas mit der Funktion zu tun gehabt haben.[4] Eine weitere Theorie über die Funktion des Holzgerätes ist jene, dass es sich dabei wie bei dem Tamburin um ein Musikinstrument gehandelt haben könnte, dass dem ägyptischen Sistrum ähnelte. Jenes Musikinstrument wurde unter anderem beim Isis-Kult verwendet.[5]
Durch den Fund zweier Münzen aus der Zeit des Antonius Pius und des Alexander Severus wird das Grab in Heßloch in das späte 3. Jahrhundert n. Chr. datiert.[6]
Der Steinsarkophag steht heute auf dem Friedhof in Heßloch. Die gefundenen Beigaben befinden sich im Museum Andreasstift in Worms.
Verfasser: Lutz Luckhaupt
[1] Biehn, Heinz: Römische Holzgerätschaften aus einem Grabfund bei Heßloch (Rhh.). Mainzer Zeitschrift 31 (1936), S. 14.
[2] Ebenda.
[3] Ebenda, S. 14-15.
[4] Ebenda, S. 15-16.
[5] Rupprecht, Gerd: Dittelsheim-Heßloch. Frauengrab. In: Cüppers, Heinz (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 356-357.
[6] Biehn, S. 14.