Der Siliusstein

49.84134, 8.3543
Saarstraße 37, 55276 Dienheim, Deutschland

Route

Weitere Römische Funde

49.84134, 8.3543
Saarstraße 37, 55276 Dienheim, Deutschland

Route

Der Siliusstein

49.84134, 8.3543
2. Hälfte 1. Jahrhundert n. Chr.

Auf Dienheimer Gemarkung wurden vor allem seit dem 19. Jahrhundert verschiedene Funde gemacht, die in die römische Zeit datiert werden. Das berühmteste Steindenkmal wurde 1834 an der Bundesstraße 9 Richtung Ludwighöhe vor dem Dienheimer Buckel gefunden: Im Weinberg von Philipp Rippel stieß man auf einen römischen Grabstein, der schon bald aufgrund seiner Inschrift, die den Verstorbenen benennt, als „Siliusstein“ bekannt wurde.[1]

Fundort des Siliussteins.
Fundort des Siliussteins.

Silius, der Bestattete, war ein Reiter der römischen Armee. Datiert wird sein Grabstein in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Das Besondere an diesem Stein waren die erhaltenen antike Farbspuren, die eine realistische Rekonstruktion der ursprünglichen Farbgestaltung erlauben. Schon bald nach Auffindung des Steindenkmals fertigte der Mainzer Ludwig Lindenschmit der Ältere – ein Mitbegründer des Mainzer Altertumsvereins – auf Grundlage der ursprünglichen Farbgebung ein Aquarell an, welches die antike Farbigkeit des Fundstückes dokumentierte.[2] Dies war ein Glücksfall, denn die Originalfarbe ging später weitgehend verloren. Nachdem die Stadt Mainz von ihrem Kaufrecht für den Grabstein zurücktrat, kaufte die Stadt Dienheim ihn für 44 Gulden vom Eigentümer.[3] Der Stein wurde am Fundort in einer gemauerten Nische mit Eisengitter aufgestellt und der Witterung überlassen. Dies schadete der antiken Farbgebung.[4]

In dieser Nische stand der Siliusstein, bevor er in das Landesmuseums Mainz überführt wurde (Wigbert Faber)
In dieser Nische stand der Siliusstein, bevor er in das Landesmuseums Mainz überführt wurde (Wigbert Faber)

Nach etwa zwei Jahrzehnten kam der Grabstein schließlich ins Altertumsmuseum nach Mainz, dem heutigen Landesmuseum, wo er bis heute in der Steinhalle ausgestellt wird. Von der antiken Farbe ist heute kaum mehr etwas zu sehen – präsentiert wird der Stein daher heute neben einem Druck des Aquarells von Lindenschmit.

Heutige Präsentation des Originalgrabsteins im Landesmuseum.
Heutige Präsentation des Originalgrabsteins im Landesmuseum.

Anlässlich der 1250-Jahrfeier Dienheims 2004 wurden Reproduktionen des Steins angefertigt. Eine farbige Kopie kann im Foyer der Fest- und Sporthalle von Dienheim besichtigt werden. Der Stein zeigt eindrucksvoll, dass das gewohnte Bild einfarbiger Grabsteine nicht der antiken Realität entspricht. Römische Steindenkmäler waren ursprünglich bunt.[5]

Die beiden Bildszenen des Grabsteines zeigen oben eine Totenmahlszene und unten möglicherweise Silius selbst, der sein Pferd führt.

Getrennt werden die Szenen durch die Inschrift:

SILIVS ATTONIS F(ilius)

EQ(ues) ALAE PICENT(ianae)
AN(norum) XLV STIP(endiorum) XXIV
H(eres) F(aciendum) C(uravit)

Silius, Sohn des Atto,
Reiter der Ala Picentiana,
45 Jahre alt, 24 Dienstjahre, liegt hier.
Der Erbe ließ den Grabstein setzen.

Silius war also Soldat in einer römischen berittenen Hilfstruppeneinheit, einer Ala – Hilfstruppeneinheiten mit Fußsoldaten nannte man Kohorten – und stand kurz vor seiner ehrenvollen Entlassung aus dem Militärdienst, die für Hilfstruppen üblicherweise nach 25 Jahren erfolgte und gleichzeitig die Verleihung des römischen Bürgerrechts bedeutete. Die Ala Picentiana von Silius war von 13/12 v. Chr. bis 42 n. Chr. zusammen mit der Legion XVI in Mainz und von 43 bis 82 in Neuss stationiert. 69/70 war die Legion XVI in den Bataveraufstand verwickelt und wurde aufgelöst. Nach 82 war die Ala dann für kurze Zeit wieder in Mainz stationiert und ist nach 90 in England nachweisbar.[6]

Der Verstorbene ließ sich auch ohne das Bürgerrecht in römischer Tracht darstellen, obwohl durch die Namensnennung seines Vaters, Atto, davon auszugehen ist, dass es sich bei Silius um einen Germanen oder Kelten handelte.[7]

Verfasser: Lutz Luckhaupt

[1] Rick, S. 46.

[2] Ludwig Lindenschmit der Jüngere beschreibt die Farbgebung außerdem ausführlich in der Mainzer Zeitschrift 1908.

[3] Rick, S. 46.

[4] Faber, S. 128.

[5] Ebenda.

[6] Faber, S. 130.

[7] Faber, S. 129.

Weitere Römische Funde

49.84134, 8.3543

Die meisten Funde aus römischer Zeit wurden im 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert gemacht und nur geringfügig oder gar nicht dokumentiert. Viele Funde sind außerdem verschollen.[1] Als Platz für eine stadtähnliche Siedlung war Dienheim wohl nicht besonders attraktiv, da der Rhein, der in jener Zeit noch weiter westlich floss, die Dienheimer Gemarkung bis zur Rheinstraße im Westen in sumpfiges Land verwandelte. Außerdem war bei Hochwasser das Gebiet überschwemmt.[2]

Trotzdem wurde das heutige Dienheim von der wichtigen Fernstraße von Worms nach Mainz durchkreuzt. Die heutige B9 hat hier etwa den gleichen Verlauf. Rechts und links der heutigen Rheinstraße wurden viele Gräber, Grabbeigaben, Münzen, Sarkophage und Architekturteile von Grabbauten gefunden. Diese Fundsituation lässt den Schluss zu, dass die südliche Gräberstraße der Straßenstation oder Kleinsiedlung Buconica/Bonconica im heutigen Oppenheim/Nierstein durch Dienheim führte. Üblicherweise begruben die Römer ihre Toten an den Ausfallstraßen und nicht in Ortsgebieten. Die nördliche Gräberstraße liegt wohl im heutigen Nierstein, wo genau wie in Dienheim viele Grabfunde gemacht wurden. Versorgt wurde die Siedlung durch die zahlreichen Gutshöfe, von denen auch einige in Dienheim vermutet werden.

In dem Gewann „Mittelweg“ bzw. „Am Sulzbrunnen“ in der Nähe des Fundortes des Siliussteins befinden sich die Reste einer solchen römischen villa rustica. Möglicherweise gehörte der Grabstein zu dem Gräberfeld dieses Gutshofes, auf dem die Bewohner und deren Angehörigen bestattet wurden.[3]

Weitere Reste von Gutshöfen lassen sich an verschiedenen Stellen des Ortsgebietes lokalisieren. Mauerreste wurden in dem Gewann „Unter- und Oberbein“ am südlichen Ortsausgang gefunden. Ebenso in dem Gewann „Grasweg“, wo außerdem andere Funde wie beispielsweise Münzen gefunden wurden.[4] Auch im nördlichen Ortsbereich in dem Gewann „Taubhaus“ sowie längs der Mühllache werden villae rusticae vermutet.[5] Die Lage der Höfe an den Hängen des rheinhessischen Hügellandes machten diese hochwassersicher und von weitem repräsentativ sichtbar.[6]

Verfasser: Lutz Luckhaupt

[1] Knosala, S. 16-17.

[2] Knosala, S. 16.

[3] Rick, S, 48. Zur Gewannbezeichnung siehe auch Knosala, S. 18-19.

[4] Knosala, S. 18-19.

[5] Schumacher, S. 22-23.

[6] Knosala, S. 24.

Literatur

  • Faber, Wigbert: Der Siliusstein von Dienheim. In: Heimatjahrbuch Landkreis Mainz-Bingen 2008, S. 128-130.
  • Knosala, Thomas: Zu einem römischen Grabbau in Dienheim und dessen topographischem Kontext. MZ 115/116 (2020/2021), S. 5-26.
  • Rick, Josef: 1200 Jahre Weinbaugemeinde Dienheim am Rhein. Oppenheim 1956.
  • Schumacher, K.: Archäologische Karte der Umgebung von Mainz. MZ 3 (1908), S. 19-40.